Gesundheits- und Sozialwesen und Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

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Das Gesundheits- und Sozialwesen ist einer der größten Wirtschaftszweige in Europa. Es leistet einen wesentlichen Beitrag zur europäischen Gesellschaft, sowohl im Hinblick auf die allgemeine Gesundheit und das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger als auch auf die Wirtschaft. Außerdem hat die COVID‑19-Pandemie deutlich gezeigt, wie wichtig dieser Sektor ist.

Das EU-OSHA-Forschungsprojekt „Gesundheits- und Sozialwesen und Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ läuft von 2022 bis 2026. Ziel ist es, evidenzbasierte Kenntnisse über die vielfältigen Herausforderungen bereitzustellen, mit denen der Sektor hinsichtlich der Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten konfrontiert ist, um das Bewusstsein zu schärfen und Orientierungshilfen für den politischen Entscheidungsprozess zu bieten.

Dieser Sektor ist auch einer der beschäftigungsstärksten Branchen und bietet Arbeit für Menschen in institutionellen Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflege- und Betreuungsheimen, aber auch für Pflegekräfte, die Menschen in ihrem eigenen Zuhause betreuen. Sie alle sind einer Vielzahl von Risiken hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ausgesetzt, wovon die wichtigsten nachfolgend aufgeführt sind (nicht erschöpfende Liste):

  • Psychosoziale Risiken: Gewalt und Belästigung, traumatische Ereignisse, hohe Arbeitsbelastung, Umgang mit Menschen am Ende ihres Lebens, Notwendigkeit von Multitasking, Schichtarbeit, Einzelarbeit, Burnout, Mobbing oder Schikane und mangelnde Kontrolle über die Arbeit – allesamt bekannte Stressfaktoren.
  • Ergonomische Risiken: Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Heben von Lasten, längeres Stehen, hohe Arbeitsbelastung und Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen.
  • Risiken durch Biostoffe: in Verbindung mit jeder Form der Exposition gegenüber biologischen Arbeitsstoffen, wie z. B. durch Blut übertragene Krankheitserreger und infektiöse Mikroorganismen; ferner die Exposition gegenüber COVID­19.
  • Risiken durch Chemikalien: im Zusammenhang mit dem täglichen Umgang mit medizinisch wirksamen Stoffen oder gefährlichen Chemikalien, die eine Gefahr für diejenigen darstellen, die ihnen ausgesetzt sind.
  • Körperliche Risiken: Ausrutschen, Stolpern und Stürze, ionisierende Strahlung, Lärm usw.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von umfeldbezogenen Faktoren, die sich auf die Beschäftigten in diesem Sektor auswirken und die nicht außer Acht zu lassen sind: die alternde Bevölkerung und alternde Arbeitskräfte; reform- und investitionsbedürftige Gesundheits- und Langzeitpflegesysteme; das Recht der EU-Bevölkerung auf eine erschwingliche, präventive und heilende Gesundheitsversorgung von guter Qualität; die Digitalisierung des Sektors und Arbeitsbedingungen, die häufig einen niedrigeren Standard aufweisen als für Beschäftigte in anderen Branchen. Hervorzuheben ist auch die Tatsache, dass der Sektor weitgehend von Frauen dominiert wird.

Dieses Projekt steht im Einklang mit mehreren EU-Strategien wie dem Strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2021-2027 und der Europäischen Strategie für Pflege und Betreuung. Es wird im Rahmen der Europäischen Säule sozialer Rechte entwickelt und in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern des Sektors und internationalen Organisationen durchgeführt.

Im Mittelpunkt des Projekts stehen folgende Forschungsbereiche:

Der Sektor in Zahlen

Derzeit wird ein aktualisierter Sachstand in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit im Gesundheits- und Sozialwesen in der Europäischen Union erstellt. Diese eingehende vergleichende Untersuchung wird unter Berücksichtigung verschiedener Erhebungen und Veröffentlichungen durchgeführt.

Gesundheitswesen

In Anbetracht des breiten Spektrums des Gesundheitssektors konzentriert sich ein spezifischer Forschungsbereich auf eine oder einige wenige Kategorien von Beschäftigten, um deren besondere Arbeitsbedingungen und Gefahren für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu beleuchten.

HäuslichePflege

Dieser Forschungsbereich befasst sich mit den Wissenslücken im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in der häuslichen Pflege. Es werden die spezifischen Risiken analysiert, die mit dieser Art von Tätigkeit verbunden sind, die unter unkontrollierten Bedingungen mit wenig oder gar keiner direkten Überwachung durchgeführt wird, sowie die Maßnahmen zu ihrer Vermeidung. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung guter praktischer Lösungen und der Förderung der Arbeitnehmerbeteiligung.

Langzeitpflege

Ähnlich wie im Bereich der häuslichen Pflege trägt der Forschungsbereich Langzeitpflege dazu bei, die Informationslücke in diesem Bereich zu schließen, die branchenrelevanten Risiken zu ermitteln und Präventivmaßnahmen auszuloten. Darüber hinaus werden praktische Instrumente gefördert und die Bedeutung der Arbeitnehmerbeteiligung, des sozialen Dialogs und guter praktischer Lösungen hervorgehoben.

Muskuloskelettale Gesundheit

In diesem Bereich werden die aufkommenden und am häufigsten auftretenden arbeitsbedingten Risikofaktoren untersucht, die zur Entwicklung von Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) bei diesen Fachkräften beitragen, sowie Möglichkeiten zu deren Prävention und Bewältigung. Darüber hinaus werden Initiativen, gute praktische Lösungen und Instrumente zur Verbesserung der muskuloskelettalen Gesundheit dieser Beschäftigten ausgetauscht. Außerdem wird der Zusammenhang zwischen MSE und psychosozialem Wohlbefinden beleuchtet.

Psychische Gesundheit

Mit der psychischen Gesundheit der Beschäftigten dieses Sektors befasst sich die Untersuchung der wichtigsten berufsbedingten psychosozialen Risikofaktoren und des Umgangs der Unternehmen des Sektors mit diesen Faktoren sowie der Wechselwirkungen mit anderen Gesundheitsproblemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Muskel- und Skeletterkrankungen. Das Projekt liefert auch Beispiele für gute praktische Lösungen und Informationen darüber, wie Beschäftigte mit psychischen Problemen im Arbeitsleben gehalten werden können bzw. wie ihre Wiedereingliederung erleichtert werden kann.

Digitalisierung

Die Entwicklung neuer Technologien und ihre Anwendung im Gesundheits- und Sozialwesen haben in den letzten Jahren einen erheblichen Umfang angenommen. Die neuen Möglichkeiten der Aufgabenautomatisierung, das Aufkommen digitaler Plattformen, die Pflegedienstleistungen anbieten, oder die neu erworbenen digitalen Fähigkeiten der Fachkräfte haben wiederum neue Risiken für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit entstehen lassen, insbesondere psychosoziale Risiken, die alle in diesem Forschungsprojekt behandelt werden.