In schwierigen wirtschaftlichen Zeiten darf nicht vergessen werden, dass unzureichende Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen bei der Arbeit Geld kosten. Umgekehrt geht Fallstudien zufolge ein gutes Management von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in Unternehmen mit Steigerungen bei Leistung und Rentabilität einher.
Die EU-OSHA hat mehrere Forschungsanstrengungen unternommen, um die Belastung durch arbeitsbedingte Erkrankungen, einschließlich ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen, abzuschätzen. Konsultieren Sie das OSH-Barometer, um mehr über die Auswirkungen arbeitsbedingter Todesfälle und arbeitsbedingter Erkrankungen, gemessen in „behinderungsbereinigten Lebensjahren (DALY)“ pro Mitgliedstaat und 100 000 Erwerbstätige, zu erfahren.
Werden Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit vernachlässigt, so schadet dies allen – den einzelnen Mitarbeitern ebenso wie den nationalen Gesundheitssystemen. Umgekehrt können aber auch alle von besseren politischen Maßnahmen, Strategien und Praktiken profitieren.
Länder mit unzureichenden Systemen für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit vergeuden wertvolle Ressourcen mit der Behandlung vermeidbarer Verletzungen und Erkrankungen. Eine solide nationale Strategie bringt zahlreiche Vorteile mit sich, u. a.:
- höhere Produktivität dank weniger krankheitsbedingter Fehlzeiten;
- Senkung von Kosten für die Gesundheitsversorgung;
- längere Beschäftigungsdauer älterer Arbeitnehmer;
- Förderung effizienterer Arbeitsmethoden und Technologien;
- weniger Personen, die ihre Arbeitszeiten einschränken müssen, damit sie sich um Familienangehörige kümmern können.
Kosten arbeitsbedingter Verletzungen, Erkrankungen und Todesfälle
Welche ökonomischen Folgen hat gutes bzw. schlechtes Management von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit? Es ist wichtig, dass politische Entscheidungsträger, Forscher und zwischengeschaltete Akteure die Antwort auf diese Frage verstehen, doch hierfür werden Daten von guter Qualität benötigt. Die EU‑OSHA hat sich daher zum Ziel gesetzt, im Rahmen ihres in zwei Phasen gegliederten Übersichtsprojekts zu Kosten und Nutzen von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit ein Modell für die betriebswirtschaftliche Kostenrechnung zu entwickeln, mit dem sich zuverlässige Kostenschätzungen erstellen lassen.
Phase 1: Eine groß angelegte Studie zur Ermittlung und Bewertung der in den einzelnen Mitgliedstaaten verfügbaren Daten, die für die Entwicklung eines Kostenrechnungsmodells herangezogen werden können.
Ergebnis: Übersichtsbericht Schätzung der Kosten von Arbeitsunfällen und berufsbedingten Erkrankungen: Eine Analyse europäischer Datenquellen (2017).
Phase 2a: Erstellung eines Modells zur Kostenrechnung auf der Grundlage internationaler Datenquellen in Zusammenarbeit mit der IAO, der ICOH und Einrichtungen aus Finnland und Singapur.
Ergebnis: Kosten von Arbeitsunfällen und berufsbedingten Erkrankungen im internationalen Vergleich (2017).
Aktualisierte Daten aus der ICOH-Schätzung für 2022 (Daten aus 2019) sind im Datenvisualisierungstool „OSH-Barometer“ zu finden. Erfahren Sie mehr über die Auswirkungen von arbeitsbedingten Todesfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen, gemessen in „behinderungsbereinigten Lebensjahren (DALY)“ pro Mitgliedstaat und 100 000 Erwerbstätigen.
Arbeitsbedingte Verletzungen, Erkrankungen und Todesfälle verursachen hohe wirtschaftliche Kosten für Einzelpersonen, Arbeitgeber, Regierungen und die Gesellschaft. Zu den negativen Auswirkungen eines mangelhaften Managements von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zählen kostenintensiver Vorruhestand, Verlust qualifizierter Mitarbeiter, Fehlzeiten und Präsentismus (wenn Mitarbeiter trotz Krankheit zur Arbeit kommen und dann eher Fehler machen) sowie hohe Behandlungskosten und Versicherungsbeiträge. Schätzungen zufolge kosten arbeitsbedingte Verletzungen und Erkrankungen die Gesellschaft 3,9 % des weltweiten BIP und 3,3 % des BIP der EU (siehe den Artikel zu den Kosten von Arbeitsunfällen und berufsbedingten Erkrankungen). Der Prozentsatz schwankt stark zwischen einzelnen Staaten (vor allem zwischen den westlichen und den übrigen Ländern), je nach Industrielandschaft, Rechtsrahmen und Präventionsmaßnahmen.
Phase 2b: Entwicklung eines differenzierteren Modells für die betriebswirtschaftliche Kostenrechnung auf der Grundlage nationaler Datenquellen.
Ergebnis:
- Bericht und Zusammenfassung The value of occupational safety and health and the societal costs of work-related injuries and diseases (Der Nutzen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und die Kosten arbeitsbedingter Verletzungen und Erkrankungen für die Gesellschaft) (2019)
- Präsentation The value of OSH: Estimating the societal costs of work-related injuries and diseases (Der Nutzen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit: Schätzung der Kosten arbeitsbedingter Verletzungen und Erkrankungen für die Gesellschaft) (2019)
Verletzungen, Erkrankungen und Todesfälle verursachen verschiedenerlei Kosten. Zunächst sind da die direkten Kosten, z. B. für die Behandlung. Aber auch der Rückgang bei Produktivität und Leistung ist mit Kosten verbunden. Ferner fallen im Zusammenhang mit dem menschlichen Wohlbefinden (den Auswirkungen auf die Lebensqualität und Gesundheit der Menschen) Kosten an; diese sind quantifizierbar und können in die Belastungsberechnung einfließen. Bei jeder arbeitsbedingten Verletzung oder Erkrankung kommen diese Faktoren zum Tragen. Addiert man die Kosten sämtlicher Fälle, erhält man einen Schätzwert für die Gesamtbelastung durch arbeitsbedingte Verletzungen und Erkrankungen. Diese Kostenrechnungsmethode (Aufsummieren der betreffenden Einzelkosten zur Ermittlung der Gesamtkostenschätzung) wird oft als „Bottom-up-Ansatz“ bezeichnet.
Ein „Top-down-Ansatz“ ist ebenfalls möglich: Zur Schätzung der Gesamtkosten wird zunächst die Gesamtbelastung durch Verletzungen und Erkrankungen berechnet; danach wird geschätzt, welcher Anteil davon durch arbeitsbedingte Faktoren verursacht wurde. Anschließend lassen sich die Kosten der durch arbeitsbedingte Verletzungen oder Erkrankungen verursachten Belastung schätzen. Diese Kosten werden häufig in Form eines Maßes zur Quantifizierung der Gesundheit angegeben, beispielsweise als behinderungskorrigierte Lebensjahre (DALY).
Im aktuellen Projekt kommen beide Ansätze zur Anwendung:
- ein Bottom-up-Modell unter Berücksichtigung der direkten, der indirekten und der immateriellen Kosten (Auswirkungen auf die Lebensqualität und Gesundheit);
- ein Top-down-Modell ausgehend vom monetären Wert der arbeitsbedingten DALY.
Bei der Datenerfassung für die beiden Modelle wurde 2015 als Bezugsjahr gewählt, um Vergleiche zwischen den Ländern bzw. den Ansätzen zu ermöglichen.
Die Vorteile für Unternehmen
Unzureichende Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen kommen die Unternehmen teuer zu stehen; umgekehrt wirken sich gute Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen bei der Arbeit positiv auf die Bilanz aus. Unternehmen mit höheren Standards für Sicherheit und Gesundheitsschutz haben mehr Erfolg und sind nachhaltiger.
Studien schätzen, dass jeder in Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit investierte Euro eine Rendite von 2,2 EUR bringt und die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist.
Die wirtschaftlichen Vorteile guter Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen sind erheblich – für große wie kleine Unternehmen. Um nur einige Beispiele guter Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen zu nennen:
- Die Produktivität der Arbeitnehmer wird gesteigert.
- Fehlzeiten werden verringert.
- Es sind weniger Entschädigungen zu zahlen.
- Die Anforderungen von Unternehmern des öffentlichen und privaten Sektors werden erfüllt.
Auch Ihr Unternehmen kann deutlich davon profitieren, wenn Sie Maßnahmen ergreifen. Näheres zur Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen und zum Risikomanagement finden Sie hier .
Wirtschaftliche Anreize
In ganz Europa wurden Systeme eingeführt, mit denen Unternehmen für die Schaffung sicherer und gesunder Arbeitsplätze finanziell entlohnt werden. Dazu gehören:
- niedrigere Versicherungsprämien;
- Steuererleichterungen;
- staatliche Subventionen und Beihilfen.
Ein Beispiel hierfür ist das deutsche Fleischerhandwerk. Die Versicherungsprämien der teilnehmenden Betriebe wurden gesenkt, wenn die Betriebe sicherheitsfördernde Maßnahmen umsetzten, beispielsweise die Anschaffung von Messern mit Sicherheitsklingen oder Sicherheitsschulungen für Fahrer.
Mit dieser Maßnahme konnten folgende Vorteile bewirkt werden:
- 1000 weniger meldepflichtige Unfälle pro Jahr in dieser Branche in Deutschland;
- Kostensenkung von geschätzt 40 Mio. EUR in sechs Jahren;
- Ersparnis in Höhe von 4,81 EUR pro investiertem Euro.
Versicherern ermöglichen solche Systeme, die Zahl, den Schweregrad und die Kosten von Schadensfällen zu senken.
Näheres über wirtschaftliche Anreize und deren mögliche Umsetzung:
- Schaffung wirtschaftlicher Anreize für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit: Praxisleitfaden (in englischer Sprache);
- Wirtschaftliche Anreize zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit: eine Bewertung aus europäischer Sicht (in englischer Sprache);
- OSHwiki: wirtschaftliche Anreize (in englischer Sprache).